Superzelle mit rotierender Wallcloud bei Krumbach, Bayern, 11. Mai 2010

 

Dies hier war einer der Wetterlagen, wo draufsteht: "Heute kracht es und zwar gescheit!" Die Ausganglage war gut. Kalte Luft in der Höhe und durch Föhn gedeckelte feuchtwarme Luft am Boden. Vor der Auslöse, hatten wir bodennah lebhaften Ostwind. Darüber kam die Luft aus Süd und die Höhenströmung kam kräftig aus Südost. Von Westen her lief am Abend eine Kaltfront ins Alpenvorland hinein. Diese war mit einer Randwelle verbunden, die von Südwesten her aus Frankreich Richtung Saarland und Hessen unterwegs war. Da mit der Kaltfront ein kräftiger Westwind gegen den bodennahen Ostwind wehte, kam es am Abend in Westbayern zu starken Zusammenlaufen von Luft, was dann auch zur Auslöse von mehreren rotierenden Einzelzellen und einer kräftigen Gewitterlinie führte.

 

 

Meine Zielregion bei diesem Chasing war erst einmal Buchloe. Denn ich rechnete zwischen Memmingen und Kempten mit heftigen Entwicklungen, weil von der Schweiz her schon ein dicker Bazn nach Nordosten zog. Mir fiel eine erste Entwicklung bei Memmingen auf. Aber beim Blick auf das Radar sah man wie dieses Teil nach Norden mit hohen Tempo ausscherte. Etwas später kam von Südwesten ein alter Eisschirm und Schichtwolken darunter angezogen. In solchen Bereichen singt Luft in der Regel ab und stabilisiert die Atmosphäre. Mögliche schwere Gewitter, die sich in der Bodensehregion mit dem Gewitterbazn aus der Schweiz ausbreiteten, würden somit mit großer Sicherheit nordwärts ziehen. Also drauf auf die Autobahn und ab Richtung Memmingen. Auf haben Weg viel mir auf! Die Entwicklung die dort eigentlich nach Norden zieht, schien dort festgenagelt. Das konnte nur eins heißen! Und zwar, das sich von der nach Norden ziehenden Meso, ein nach Rechts, also nach Osten ziehendes System abgespalten hat. Also kurz vor Memmingen runter von der Autobahn und schauen wo der Sturm hin will. Dabei konnte ich massive schiefstehende Quellungen an der Südseite sehen. Das erste Bild zeigt die entfernte Quellungen bei Memmingen, von Buchloe aus und die zwei darauf folgenden, das gleiche System kurz nach dem Stormsplit.

 

 

 

 

 

Nach kurzer Beobachtung war klar! Das System zieht langsam nach Nordosten. In die Richtung ging auch ne gute Straße. Also nichts wie hin an die Basis. Am System dorten, konnte man die Rotation schon mit bloßen Auge sehen. An der Basis hatte sich eine Wallcloud gebildet und von Nordosten her saugt die frische Superzelle, frische Gewitterluft an. Optisch an den spitzzulaufenden Inflow Tail zu erkennen.

 

 

 

 

 

Gezoomter Blick auf die Wallcloud. Der Teil in der Mitte des Bildes kam in starke linksdrehende Rotation. Der Teil links oben, rotierte dagegen anders herum. Ausgelöst vom RFD der auf der linken Bildseite zu Boden geht. Rechts im Bild, sieht man über den Laubbäumen einen entfernten Rüssel. Das war wahrscheinlich ein kurzlebiger Funnel unter dem Leftmover. Ob der Bodenkontakt hatte, kann ich leider von diesem Bobachtungsstandort nicht sagen.

 

 

 

Die Zelle schwächt sich kurz ab. Doch auf der Nordostseite im Zustrombereich erneuert sich die Superzelle, zu sehen an der weiträumigen Wolkenbasis.

 

 

 

 

 

Ich bin der Zelle weiter nach Nordosten gefolgt. Was sich da jetzt vor mir am Himmel kurz vor Krumbach zeigte, war ein wahres Schmuckstück an Superzelle. Die Basis nahm durch die Rotation eine runde und laminare Form an.

 

 

 

 

 

Es rotiert heftig. Jetzt passierte was geiles. Über dem Inflow aus Ost, zapfte die Zelle darüber noch aus Süden Luft an. Zu sehen ist das an einen weiteren Inflowband das über dem Zustromstachel in einen Halbkreis in das System läuft. Die Zelle zapft also an ihrer Vorderseite überkreuz Luft an. Einfach irre!

 

 

 

 

Langsam zieht die Zelle nördlich an meinem Standort vorbei. Der helle Bereich links neben der Wolkenbasis, markiert den RFD der Superzelle. Von hier kamen Fallböen runter, die es an meinem Standort kräftig Stürmen ließen. Als ich merkte das die Zelle schwächer wurde konzentrierte ich mich auf eine Linie die mit einer Wallcloud darunter aus Süden heranrollte. Die Stimmung jetzt war Atemberaubend. Im Norden die Superzelle. Im Süden die Linie. Im Osten frische Gewitterzelle. Ne Sinfonie aus Donner in Surround die da über die Landschaft hallte. Herrlich!

 

 

 

 

 

 

 

 

Nun zur Linie aus Süden. Die ersten Aufnahmen sind schon während der Superzellenbeobachtung entstanden. Mit einem ausladenden Eisschirm, zieht auf breiter Front die Linie heran.

 

 

 

 

An ihr wird links neben einer Wallcloud ein Funnel, leider sehr versteckt im Niederschlag, sichtbar. Zwar hat dieser keine lehrbuchhafte Form, aber man konnte deutliche Rotation sehen. Auf dem ersten Bild sieht man die Funnel und auf dem nächsten die von Süden her aufziehende Wallcloud.

 

 

 

 

Als die Wallcloud im Niederschlag verschwand, bin ich noch einmal der Superzelle hinterher gefahren, weil diese sich verstärken schien. Aber nichts wars. So hab ich mich von der Linie aus Süden, unter vielen Wolkenblitze überrollen lassen.

 

 

 

 

 

Die Show ist noch nicht zu Ende. Aus den ganzen Gewittern hat sich ein MCS gebildet, der mit hohem Tempo nach Nordosten zog. Auf deren Rückseite, gab es noch ne rücklaufende Böenfront, wieder einem Funnel und weitere tollen Wolkenformationen zu bestaunen.

 

 

 

 

 

 

Abgerundet wurde der Tag von einer Blitzshow die am Eisschirm des abziehenden MCS abbrannte.

 

 

 

 

 

Bei diesem Chasing bekam ich eine geniale Superzelle zu sehen und noch vieles mehr. Noch ein paar von denen Wetterlagen und ich bekomme hoffentlich bald meinen Traumtornado aus nächster Nähe. Aber die heutige Wetterlage hat gezeigt, was hier abgeht wenn die Lage passt.

 

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