Üble HP-Superzelle bei Memmingen, Bayern, 4. September 2011
Eigentlich wollte ich das Gewitterjahr mit dem Besuch der Stormchaser-Convention in Hildesheim bei Hannover abschließen. Doch auf der Heimfahrt merkten ich und der Andy aus Fürstenfeldbruck, das es irgendwie doch noch rumpeln könnte. Erst war das Ziel Franken, wo es laut Karten und aktuellen Bodenwerten gut aussah. Doch mit der vorherrschenden Südströmung, kam die Region von Süden her in Hochdruckeinfluss. Auf der gleichen Route schob es über die Alpen ein kleines Randtief nach, was bei so einer Luftmasse am Alpenrand immer gefährlich ist. Jetzt sah die Geschichte anders aus als erst gedacht. Über Mitteldeutschland hatten wir Absinken, also Luftmassen die durch Absinkvorgänge stabil geschichtet werden. Am Alpenrand dagegen, lief Luft bodennah von Osten bis Nordosten gegen einen Cold Pool. Dieser kam durch ein Niederschlagsgebiet zustande was über Baden-Württemberg lag. Dies führte zu einem schmalen Streifen vom Bodensee aus Nordwärts, wo Luftmassen konvergierten und so nach oben gedrückt wurden. Die feuchte bodennahe Luft steigt auf, kühlt durch den geringeren Luftdruck aus, der Wasserdampf wird frei und so zündete es beim Bodensee. Erst war es nur ne kleine Zelle, aber durch die Windscherung kam sofort Rotation rein und das Teil scherte Richtung Nordwesten. Dann bildete sich in der Region Kempten ein neues Gewitter im Inflow der ersten rotierenden Zelle. Erst störten sich die beiden Aufwinde. Doch als die Zelle aus dem Bodenseeraum von hinten in die neue Zelle rein lief, war durch die Fusion der beiden Gewitter wieder nur ein dominanter Aufwind in der Region unterwegs. Dieser zog jetzt auf Nordnordost Kurs östlich an Memmingen vorbei. Wir fingen die Zelle auf einen Rastplatz an der A96 mit total freier Sicht ab. Vor uns baute sich ein gewaltiger HP-Sturm auf. Kräftiger Inflow am Boden. Laminarer rotierender Aufwind, in den mehrer Inflowtails übereinander reingelaufen sind. Tiefe Wolkenbasis, die nahtlos in einen dichten Hagelkern überging. Auf dem Radar zeigte sich dieser Anblick in Form eines fettes Hook-Echos. Auch andere Chaser ließen sich das nicht entgehen. Der Max und Jörg aus Reutlingen bzw. Tübingen standen auch auf dem Rastplatz und nahmen mit mir und Andy den Sturm ins fotografische Kreuzfeuer.
Erste dicke Tropfen kamen runter und wir standen auf einen 10 Meter Wall - ein Top Ziel für Blitze. Da mit dem Niederschlag aus dem Eisschirm elektrische Ladung in den Erdboden indiziert wird, war es nur eine Frage Zeit wann erste Positive in der Nähe oder in uns einschlagen! Außerdem hielt ein schwerer Hagelsturm auf uns zu! Nichts wie weg! Im Bear Grylls Manier ging es runter vom Berg und rein ins Auto. Kurz nach dem wir wieder auf der Autobahn waren, der erst Einschlag! Bamm! Und dann gleich noch ein Kracher, aber so dass man nur noch hell sieht. Kurze Zeit nach dem wir abgehaut sind, wurde der Verkehr auf der A96 durch Hagelmassen lahmgelegt. Autos stecken im Hagel fest und mussten erst mit Schneepflügen befreit werden. Auf dem Weg von dem Core weg, zeigten sich uns gewaltige Wolkenformationen. Ein paar Bilder im Drive by Style.
Dann hielten wir in Mindelheim und blickten nach Westen wo sich die Zelle gerade auskotzte. Um dem Core hatte sich eine kreisrunde Shelfcloud gewickelt.
Weiter fuhren wir ins Lechfeld um vor dem Sturm zu bleiben. Doch Landregen vom Alpenrand sorgte dafür, dass nach einen mächtigen Zyklus die Superzelle in die Knie ging. Von dem Monster war nur noch ein grauer blitzender Regenbatzen übrig. Wir folgten dem System noch bis Augsburg in der Hoffnung es wird noch was draus. Doch nix war`s! Südlich der sterbenden Superzelle hatten sich neue Zellen gebildet, die die Drehbewegung der Superzelle aufnahmen und den Rotationsradius auf halb Südbayern ausweiteten. Das sich so bildete System, ein so genanntes MCV, zog dann mit sehr viel Regen über dem Großraum Augsburg hinweg und sorgten für zahlreiche Blitzfluten! Wir hatten das Chasing bereits beenden, weil bis auf viel Stratus gab es nichts mehr zu sehen. Dies war echt einer mit der geilsten Chasings des Jahres, mit der wohl krasseste HP-Superzelle die ich je zu Gesicht bekam.
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